Arbeitsrichter voreingenommen bei Diskriminierungsklage

Verhandlungsführung vor dem Arbeitsgericht Berlin und Richter Michael Ernst in der Kritik

Als ein „Zerrbild einer Gerichtsverhandlung“ bezeichnete heute Rechtsanwalt Hans-Georg Kluge die Verhandlung vor der 56. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin, die am 07.12.2016 stattfand. Hier ging es um eine Klägerin, die Schäden ausgeglichen sehen will, die ihr durch die wahrscheinlich geschlechterdiskriminierende Bezahlung ihres Arbeitgebers ZDF entstanden sind.  Die Klägerin ist sei vielen Jahren  als Redakteurin bei Frontal 21 tätig.

Das Verfahren ist deshalb von außerordentlicher Brisanz, weil sich das ZDF als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt dazu verpflichtet hat, Benachteiligungen von Frauen durch „besondere Maßnahmen“ zu beseitigen. Außerdem folgt aus dem Status des ZDF seine besondere Verpflichtung zur Wahrung der Grundrechte.

Kluge, selbst jahrelang Richter am Oberverwaltungsgericht, wirft Richter Ernst eine schlechte Verfahrensvorbereitung vor.

„Ein Richter, der in der Verhandlung  meint, dass ein besseres Entgelt für männliche Kollegen mit deren besserem Verhandlungsgeschick und der weiblichen Fähigkeit, Kinder zu bekommen, begründen zu können, demaskiert sich selbst, insbesondere wenn er einräumt, er wisse gar nicht, wie man die Gleichheit oder Gleichwertigkeit von Tätigkeiten feststellen könne.“

Verfahren im Bereich der Entgeltdiskriminierung sind in Deutschland bisher eine absolute Seltenheit, so dass die Verhandlung eigentlich wegweisend für die Entwicklung der Rechtsprechung zur Gleichbezahlung weiblicher Arbeitskräfte gewesen wäre. Allerdings nicht mit einem derart voreingenommenen Richter“, so Kluge, Partner von Röttgen, Kluge & Hund Rechtsanwälte, weiter. Spätestens seit der sog. „Defrenne-II-Entscheidung“ in den siebziger Jahren gehe der Europäische Gerichtshof davon aus, dass nationale Gerichte wüssten, wie man entsprechende Feststellungen träfe.

Kluge hatte bereits eine Frau bis hin zum Bundesverfassungsgericht vertreten, die im berühmten „GEMA-Fall“ ebenfalls für die Entgeltgleichheit im Vergleich zu einem männlichen Kollegen gestritten hatte. Das Verfahren war im Jahr 2014 vor Beendigung eingestellt worden, weil die Betroffene nach jahrelangem Warten auf die Entscheidung in Karlsruhe einem Vergleich in Bezug auf ihre Diskriminierung bei einer Beförderung zugestimmt hatte, von dem das Bundesverfassungsgericht fälschlich annahm, dass dieser auch  das Verfahren hinsichtlich der die Entgeltdiskriminierung mit beendet hätte.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich daraufhin wegen seiner selbst eingeräumten Verfahrensverschleppung eine Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro gegenüber der dortigen Klägerin auferlegt (AZ: 1 BvR 2781/13-Vz 11/14). Es handelt sich um den ersten Fall in der deutschen Rechtsgeschichte, in welchem sich das höchste deutsche Gericht zu einem solchen Selbsteingeständnis einer eigenen Verfahrensverzögerung durchgerungen hat. Wäre es zu einer rechtzeitigen Entscheidung in Karlsruhe gekommen, wären all die Fragen, um die es jetzt in dem Berliner Verfahren geht, inzwischen entschieden worden und auch dem Berliner Arbeitsgericht bekannt.

Kontakt zu Herrn Rechtsanwalt Kluge:

Tel.: (030) 91 45 68 17

Mail: presse.roettgen-kluge@online.ms

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Pressemitteilung-09-12-16