Hintergründe zur Entgeltdiskriminierungsklage gegen das ZDF

Über die Klage unserer Mandantin wegen Entgeltdiskriminierung gegen das Zweite Deutsche Fernsehen gab es mehrere Berichte. Dazu einige Hintergründe und Fakten zu der Klage, die bei der öffentlichen Verhandlung am 7. Dezember 2016 zur Sprache kamen und seither in unterschiedlichen, nicht immer korrekten Varianten publiziert wurden:

Die Klägerin ist seit nunmehr fast zehn Jahren als „fest-freie“ Redakteurin im Politikmagazin Frontal21 beschäftigt. Jahrelang versuchte sie, ein höheres Honorar im Einvernehmen mit dem ZDF zu erreichen. Ihr wurde erklärt, ihre Vergütung – ebenso wie die besserverdienender Männer – richte sich nach festen Kriterien, unter anderem Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit. Dann erfuhr sie, dass auch männliche Kollegen mit weniger Berufserfahrung oder Betriebszugehörigkeit mehr verdienten. Inzwischen ist nach unserer Auffassung klar, dass die Entgeltunterschiede – auch bei Mitarbeitern, die demselben Tarifvertrag unterliegen wie die Klägerin – nicht ausschließlich mit festen Kriterien erklärt werden können. Unsere Mandantin reichte eine Beschwerde nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bei ihrem Arbeitgeber ein und dann, im April 2015, Klage beim Arbeitsgericht Berlin.

Dabei war ihr ein sich im Ruhestand befindender, ehemals fest angestellter Kollege behilflich, der ihr Informationen zu seinem Gehalt gab. Er ist aber nicht die einzige männliche Vergleichsperson, sondern eine von mehreren, die nach unserer Ansicht gleiche oder gleichwertige Tätigkeiten verrichten, darunter auch sogenannte „fest-freie“ Mitarbeiter. Die Darstellung, dass die Klägerin ausschließlich auf die Vergütung des ehemals festangestellten und mittlerweile pensionierten Kollegen klage, trifft nicht zu. Welcher der Kollegen vergleichbar ist – oder ob – muss dieses oder später ein anderes Gericht entscheiden.

Grundsätzlich gilt im Verhältnis von Mann und Frau: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Also muss bei einer Entgeltdiskriminierungsklage immer geprüft werden, ob die Tätigkeit der Klägerin mit der einer männlichen Vergleichsperson gleich oder gleichwertig ist. In Deutschland obliegt diese Pflicht den Arbeitsgerichten.

Der Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht Michael Ernst hat in der Verhandlung aber eingeräumt, dass er gar nicht wisse, wie man die Gleichheit oder Gleichwertigkeit von Tätigkeiten feststellen könne. Er weigerte sich auch, hierfür einen Sachverständigen zu beauftragen. Außerdem meinte er, ein höheres Entgelt für männliche Kollegen mit deren besserem Verhandlungsgeschick oder der weiblichen Fähigkeit, Kinder zu bekommen, rechtfertigen zu können. Es stellt sich also für unsere Kanzlei die Frage, ob der Richter voreingenommen war und wie Frauen jemals ihren auch von der Verfassung garantierten Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ durchsetzen sollen, wenn ein Arbeitsrichter sich weigert zu prüfen, ob eine vergleichbare Tätigkeit vorliegt.

Am Ende des Kammertermins legte der Prozessvertreter des ZDF der Klägerin nahe, das Haus zu verlassen. Der Vorsitzende Richter bekräftigte ihn dabei und erklärte, dass in 90% der Arbeitsrechtsfälle am Ende ein solcher Vergleich stehe, unabhängig davon, ob ein Kläger oder eine Klägerin Recht habe. Das gesetzliche Maßregelungsverbot, das Frauen, die wegen Diskriminierung klagen, vor daraus entstehenden Nachteilen einen gesetzlichen Schutz garantiert, kannte er offenbar nicht.

Tatsächlich versuchten dann beide Parteien, den Konflikt einvernehmlich zu lösen, so dass die Klägerin im ZDF weiter arbeiten kann. Die Klägerin ist zu einer einvernehmlichen Lösung nach wie vor bereit. Andernfalls wird sie den Weg in die nächste Instanz gehen. Sie arbeitet weiter in der Redaktion Frontal21.

Die Klage auf Entgeltdiskriminierung wurde im September 2016 auf eine Klage auf Festanstellung erweitert. Zur Zeit ist die Klägerin im sogenannten „Tarifvertrag 2. Kreis“ für langjährige „fest-freie“ Mitarbeiter beschäftigt und wird dabei eingesetzt wie eine festangestellte Redakteurin. Eine Festanstellung aber bietet – neben anderen Vorteilen – einen besseren Schutz vor Kündigung. Das war der Klägerin, die sich zum Zeitpunkt der Klageerweiterung seit rund anderthalb Jahren in einem laufenden Arbeitsrechtsverfahren befand, wichtig. Der Prozess zieht sich schon so lange hin, da das Gericht den Kammertermin häufig verschob, auch auf Antrag des ZDF. Im Gütetermin im Mai 2015 hatte das ZDF eine Einigung verweigert.

Die Klägerin wurde – zusammen mit einem Kollegen – mit dem Deutschen Wirtschaftsfilmpreis ausgezeichnet und enthielt etliche Nominierungen. Zudem gewann sie mehrere Journalisten-Stipendien.

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