Tierschutz und Nachhaltigkeit

Der Gedanke der Nachhaltigkeit und der Tierschutz werden zwar nicht aus denselben geistesgeschichtlichen und ethischen Quellen gespeist, haben aber zahlreiche Berührungspunkte. In besonderer Weise hat das in jüngster Zeit etwa ein von der katholischen Entwicklungshilfeorganisation MISEREOR herausgegebener Bericht herausgearbeitet. In einer Studie mit dem Titel „Instrumente im Sinne einer nachhaltigen, klimafreundlichen Fleischproduktion“ aus dem Jahr 2012 werden Forderungen formuliert, die denen des Tierschutzes eng verwandt sind (S. 64 f.):

„Aus Nachhaltigkeitsgründen ist es notwendig, dass sowohl die Fleischproduktion als auch der Fleischkonsum in Deutschland deutlich gesenkt werden. Zur Erreichung dieses Zieles ist die kombinierte Anwendung mehrerer Instrumente geeignet, die auf verschiedenen Stufen entlang der Lebensmittelkette greifen.

Aus unserer Sicht sind die folgenden besonders erfolgversprechend:

Festlegung einer maximalen Tierbesatzdichte mit entsprechender Flächenbindung

Einbeziehen der Landwirtschaft in die Klimaschutzstrategie der Bundesregierung, dabei Etablierung von Klimaschutzzielen für die Tierhaltung Das bedeutet, dass beispielsweise eine absolute Mengenbegrenzung bei der Schweinefleischproduktion festgelegt wird, die international geregelt ist (Alcott 2008, S. 782)

Breite Markteinführung eines nationalen Tierschutzsiegels (als Vorstufe eines europäischen Tierschutzsiegels)

Deutschlandweite und flächendeckende Einführung von ‚Veggiedays‘, um pflanzlich orientierte (und gleichzeitig gesundheitsfördernde) Ernährungsstile zu etablieren.“

„Die moderne, industrialisierte Landwirtschaft und Viehhaltung trägt mit rund 15 % so erheblich zum anthropogenen Treibhauseffekt bei, daß auch hier unverzüglich gehandelt werden muß. Ein beschleunigter Übergang zur ökologischen Landwirtschaft und der Ausstieg aus der Massentierhaltung können dazu beitragen, schon bis 2005 in diesem Sektor die Klimagefährdungen (v.a. durch CO2-Emissionen aus dem Energiebedarf der Landwirtschaft, N2O-Emissionen aus dem Kunstdüngereinsatz und CH4-Emissionen aus der Rinderhaltung) deutlich zu verringern. Zur Förderung der ökologischen Landbewirtschaftung auf nationaler wie EG-Ebene sind umgehend insbesondere folgende Maßnahmen zu ergreifen:

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Die in dem MISEREOR-Bericht erhobenen Forderungen, die dem Tierschutzforderungen verwandt sind, sind schon im Jahr 1990 in ähnlicher Form auch in einem Bericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (Dritter Bericht der ENQUETE-KOMMISSION Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre zum Thema Schutz der Erde; BT-Drucksache 11/8030, S. 755 f.) formuliert worden:

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Die Massentierhaltung ist zu begrenzen und eine artgerechte Tierhaltung ist zu unterstützen durch Einführung absoluter und flächengebundener Bestandsobergrenzen in der Tierhaltung (vgl. BT-Drucksache 11/1986), die sich an den Erfordernissen einer ökologisch verträglichen flächengebundenen landwirtschaftlichen Produktion orientieren. Als absolute Obergrenze des Viehbestandes wird ein Tierbestand von 100 Vieheinheiten pro Betrieb und von 2,5 Großvieheinheiten pro Hektar.“

Wir sehen uns beiden Anliegen – der Nachhaltigkeit und dem Tierschutz – verpflichtet. Das Vorgehen gegen Massentierhaltungen, die diesen beiden ethischen Forderungen nicht gerecht werden, stellt einen wesentlichen Bestandteil unserer Arbeit dar.

Röttgen, Kluge & Hund PartG mbB wird das Anliegen der Verfassungsgesetzgeber bei Einführung des Staatsziels Tierschutz verstärkt in die juristische Debatte – auch und gerade bei tierschutzrechlich geprägten Gerichtsverfahren – einbringen. Das nicht nur programmatische, sondern verfassungsrechtlich verbindliche Staatsziel Tierschutz muss als Maßstab für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe sowie für die Ausfüllung von Generalklauseln dienen. Als Verfassungssatz kann das Staatsziel Tierschutz prinzipiell auch die Einschränkung von Grundrechten (und bei vorbehaltlosen Grundrechten immanente Schranken) rechtfertigen und gebieten.

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