Tierschutzrecht in Deutschland

Begriff des Tierschutzes

Der Tierschutz gilt dem individuellen Tier als Einzelwesen im Unterschied zum Artenschutz, der das Einzeltier regelmäßig nicht zu schützen vermag, sondern sich erst dann gefordert sieht, wenn zugleich der Bestand der Tierart gefährdet ist und vor der Gefährdung oder Vernichtung geschützt werden soll.

Tierschutz ist in der Regel unmittelbarer Tierschutz, bei dem es um Leben, Wohlbefinden oder Würde, Freiheit oder Unversehrtheit des Tieres geht. Mittelbarer Tierschutz liegt dann vor, wenn etwa eine rechtliche Regelung als Nebenfolge oder Reflexwirkung das Tier betrifft. Dazu zählt etwa der Schutz des Aneignungsrechtes des Jagdausübungsberechtigten gegen Jagdwilderei nach § 292 StGB. Effektiver Tierschutz dient dem Tier und liegt zugleich gemäß der gesetzgeberischen Entscheidung im Interesse des Gemeinwohls (BVerfGE 36, 47 <60>). Im Konflikt mit bestimmten Grundrechten wie etwa der Wissenschaftsfreiheit ist nur ein Tierschutz mit Verfassungsrang effektiv.

Tierschutzrecht

Der gesetzliche Tierschutz fällt nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG in die Zuständigkeit der konkurrierenden Gesetzgebung, wobei der Bund von seiner Kompetenz, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen, nach Art. 72 Abs. 2 GG wegen des Bedürfnisses nach einer bundeseinheitlichen Regelung Gebrauch gemacht hat. Tierschutz betrifft in diesem Sinne wesentliche gesetzlich geregelte Fragenkomplexe der Mensch-Tier-Beziehung einschließlich Haltung, Beförderung, Tierversuchen und Schlachtung von Tieren. Der zunehmende europäische Integrationsprozess und darüber hinausgehende internationale Verpflichtungen bringen es mit sich, dass zum gesetzlichen Tierschutz verschiedene Regelungsebenen gehören.

Als das Tierschutzgesetz vom 24.07.1972 (BGBl. I S. 1277) an die Stelle des bis dahin gültigen Reichstierschutzgesetzes trat, musste zuvor der Bundesgesetzgeber nach Art. 74 Nr. 20 GG die konkurrierende Zuständigkeit für den Tierschutz erhalten (BT-Dr VI/1010). Mit der Verfassungsänderung hielt man die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für die Ausgestaltung eines umfassenden modernen Tierschutzgesetzes für geschaffen.

Das Tierschutzgesetz vom 24.07.1972, das am 01.10.1972 in Kraft trat (BGBl. I 1277), ist ethisch begründet, weil es nach dem Grundsatz des § 1 dazu dient, das Leben und Wohlbefinden des Tieres zu schützen. Auch die wesentlichen späteren Änderungen dieses Gesetzes lassen die ethische Grundkonzeption des Tierschutzgesetzes unberührt. Geleitet von der Notwendigkeit eines umfassenden Lebensschutzes geht es darum, ethische Erfordernisse mit wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Im Jahre 1986 wurde die Leitidee des gesetzlichen Tierschutzes noch durch den Aspekt der Verantwortung für das Tier als Mitgeschöpf verstärkt (§ 1 Satz 1). Sie greift damit die besondere Nähe des Tieres als lebendem und fühlendem Mitgeschöpf im Verhältnis zum Menschen auf, den sittlich-sozialen Bezug betonend. Die Tatsache, dass die Grundnorm eines Gesetzes der Ethik im Umgang mit dem Tier Geltung verleiht und diesen Aspekt in § 7 Abs. 3 Tierschutzgesetz ausdrücklich fortführt, ist ungewöhnlich. Bahnbrechend hat der ethische Tierschutz seit 2002 einen praktisch nicht mehr umkehrbaren eigenständigen Verfassungsrang erhalten, der alle staatlichen Organe bindet.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Bedeutung der Ethologie und des Tierschutzes insgesamt durch sein „Hennen-Urteil“ wesentlich gestärkt. Die erfolgte Einbeziehung des Tierschutzes in Art. 20a GG überwindet die vorhergehende teilweise Entwertung des Gesetzes. Über die Frage der Tiergesundheit, d.h. insbesondere der feststellbaren Schmerzen, Leiden und Schäden des Tieres, haben Tierärzte sachverständig zu befinden. Ihre Stellung ist im Tierschutzgesetz besonders hervorgehoben. Nach ihrer Berufsordnung (§ 1) sind Tierärzte „berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen“. Es versteht sich, dass sie kraft ihrer beruflichen Qualifikation und Erfahrung für die Betreuung, Versorgung und Behandlung der Tiere ein geeigneter Ansprechpartner sind. Sie sind dem gesetzlichen Schutz des Tieres besonders verpflichtet. Im Rahmen der Aufsicht und behördlichen Anordnung nach §§ 16, 16a ist das Urteil der Amtstierärzte von entscheidender Bedeutung.